Ramon Esteve, Präsident STSA – Florence Schurch, Generalsekretärin STSA
Zweifellos hat sich die Welt in den letzten drei Jahren stark verändert. Wir wurden in dieser Zeit mit einer enormen Bandbreite von Problemen konfrontiert. Von der Corona-Pandemie und dem Versorgungsunterbruch durch die Massnahmen in China zum Schiffsunglück im Suezkanal, das uns die Anfälligkeit unserer Lieferketten vor Augen geführt hat, bis hin zum Krieg in der Ukraine und die gegen Russland verhängten Sanktionen. Jede dieser Krisen erforderte von den Rohstoffhändlern neue Lösungsansätze sowie ihre besondere Fähigkeit, sich stets aufs Neue zu erfinden, z.B. durch eine rasche Anpassung der Lieferkanäle, so dass eine kontinuierliche Versorgung der Kunden und dadurch der Bevölkerungen als Endabnehmer gewährleistet werden konnte.
In diesem Prozess der laufenden Neuerfindung ist jedoch die Rolle des Rohstoffhändlers immer dieselbe geblieben. Vereinfacht gesagt ist es jene eines Logistikers: Er besorgt die notwendigen Rohstoffe in Ländern mit unterschiedlichen politischen Systemen und Vorschriften und liefert diese dorthin, wo sie gebraucht werden.
Diese Rohstoffe werden von Produzenten in Afrika, Asien oder Europa bezogen, die nur selten in der Lage sind, ihre Waren direkt an den Endverbraucher zu verkaufen. Sie alle brauchen Händler, welche die Verantwortung für die Waren in dem komplexen Prozess des Kaufs, der Finanzierung, des Transports, der Versicherung und schliesslich des Verkaufs übernehmen.
Dabei müssen die Rohstoffhändler zwischen den gegensätzlichen Interessen der Produzenten und Importeuren vermitteln. Sie sind der Puffer, der die Preisstabilität aufrechterhält, indem sie die Marktrisiken von der Produktion bis zum Verbrauch übernehmen.
Ihr Fachwissen beschränkt sich nicht nur auf eine Vermittlungsrolle. Sie müssen auch als schnelle Problemlöser operieren. Nach dem Pipelinebruch in der Nordsee fanden die Händler neue Lösungen für den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG) vor allem aus den USA und Katar, bauten neue Terminals zur Aufnahme von LNG-Tankern und stellten so die Energieversorgung Europas sicher. Ebenso ist es ihnen gelungen, kontinuierlich auf die Sicherung eines Korridors in den internationalen Gewässern des Schwarzen Meer hinzuwirken, um weiterhin ukrainisches und russisches Getreide exportieren zu können.
Aus politischer Opportunität sind die Regierungen für die Energiewende ehrgeizige Verpflichtungen eingegangen, ohne die tatsächlichen Umweltauswirkungen der Metallgewinnung und -verarbeitung zu berücksichtigen. Das Ergebnis ist eine Preisinstabilität, die den Inflationsschub, den wir derzeit erleben, noch verstärkt.
Wiederum sind die Händler Vorreiter im Übergang zu neuen Energieformen, sei dies bei der Solar-, der Wind-, der Wasserkraft oder bei der Bodenbearbeitung, indem sie z.B. Kleinproduzenten in Afrika, Asien und Südamerika schulen sowie ihre Anstrengungen zur Verbesserung der landwirtschaftlichen Praktiken fortsetzen.
In diesem Magazin werden Sie von zahlreichen Autoren mit unterschiedlichem Hintergrund erfahren, inwiefern die Rohstoffhändler in den letzten drei Jahren, wie auch sonst immer, im Herzen des Wandels standen. Die Händler sind sicher eine der wenigen Konstanten bei der Bewältigung der scheinbar immer währenden Krisen. Die Welt von morgen wird nicht die Welt von heute sein. Wir werden ihr Wissen, ihre Erfahrung und ihre Praxis weiterhin brauchen, um eine sichere, erschwingliche und nachhaltigere Versorgung zu gewährleisten.